Hier würde ich ja gern ein Bild von mir mit Stützrad zeigen - ich hab bloß keins. Na, jedenfalls habe ich wie wohl beinahe jedes Kind gelernt Fahrrad zu fahren. Früher oder später bin ich dann mit meinem kleinen blauen Rad durch die Gegend und den Wald gerast. Danach war lange Zeit Sendepause, was das Radeln angeht. Erst in der 11. Klasse habe ich begonnen, wieder regelmäßig zu fahren. Denn ab da gab es keine kostenlosen Busfahrkarten mehr, sodaß ich dann täglich die ca. 15 Minuten mit dem Rad zur Schule gefahren bin. Das blieb auch bis zum Abitur so, aus Notwendigkeit wurde Begeisterung und schließlich bin ich selbst im Winter und bei ärgstem Regen mit dem Fahrrad gefahren. Auch in Magdeburg bin ich trotz kostenlosem Semesterticket und sehr guter Anbindung per Straßenbahn die erste Zeit immer mit dem Rad zur Uni gefahren. Das änderte sich, als mir das Fahrrad geklaut wurde. Selbst als ich nach längerer Zeit wieder ein Fahrrad hatte, bin ich im Wesentlichen bei der inzwischen liebgewonnenen Straßenbahn geblieben. Das Fahrrad habe ich dann nur regelmäßig für kleine Tagestouren genutzt. In Aalen mit existierendem aber vergleichsweise mickrigem ÖPNV bin ich wieder auf's regelmäßige Radfahren umgestiegen.
In der 12. Klasse entstand zusammen mit anderen Fahrradfanatikern der Plan, im Sommer eine größere Radtour zu machen. In den Sommerferien 2000 war es dann soweit und Jakob, Johannes, Matthias und ich sind aufgebrochen. Alexander hätte eigentlich auch mitkommen wollen, ist jedoch kurz vorher krank geworden. Er ist dann später mit dem Zug nachgekommen, um wenigstens noch die letzten zwei Tage mitradeln zu können.
Um unnötige Steigungen zu vermeiden, hatten wir eine Route entlang der Flüsse Weser, Aller, Leine geplant. Ab Hann. Münden wollten wir entlang der Weser flußabwärts bis zur Allermündung bei Verden oder vielleicht bis Bremen fahren, um dann entlang Aller und Leine flußaufwärts nach Göttingen zurückzukehren. Letztlich haben wir die Strecke dann etwas abgekürzt und sind von Minden direkt nach Hannover gefahren. Die endgültige Strecke war also:
Göttingen - Hann. Münden - Höxter - Hameln - Minden - Hannover - Alfeld - Göttingen
Wir waren acht Tage unterwegs, mußten also siebenmal eine Unterkunft finden. Wir hatten Camping-Equipment dabei, jedoch kamen uns selbst Campingplätze vergleichsweise teuer vor. Deshalb haben wir versucht, in Gemeindehäusern Unterschlupf zu finden. Wir haben also bei Kirchen geklingelt und gefragt, ob wir vielleicht in einem Gemeinderaum unser Nachtlager aufschlagen könnten. Oft hat das geklappt, war sehr komfortabel und mit einer Flasche Wein als Dankeschön geteilt durch einige Personen auch schön billig.
Weil die letzte Sommertour soviel Spaß gemacht hatte, haben wir das Jahr darauf gleich wieder eine veranstaltet. Diesmal gewissermaßen als Abi-Abschlußfahrt und mit einigen zusätzlichen Mitfahrern: Es waren Johannes, Hunni, Alexander, Ruth, Marc, Matthias und ich am Start. Ruth ist leider ziemlich früh infolge eines Unfalls ausgefallen und mußte mit dem Zug heimfahren. Abgesehen davon hat auch diese Tour viel Spaß gemacht. Wenn ich es schaffe, werde ich nochmal nähere Informationen zusammentragen und hier einstellen. Ganz grob führte uns die Tour diesmal von Göttingen aus nach Süden und wieder entlang einiger Flüsse: Werra und Ulster stromaufwärts, dann über die Berge nahe der Wasserkuppe nach Fulda und von da die Fulda flußabwärts zurück Richtung Göttingen.
War es in der Schulzeit noch recht einfach, einen für alle passenden Termin zu finden, wurde das im Sommer 2002 und danach wesentlich schwerer: Durch Bundeswehr, Zivildienst und Studium hatte jeder seinen eigenen Zeitplan und wohnten auch gar nicht mehr alle in Göttingen. Diesem Umstand ist es geschuldet, daß es im Sommer 2002 zu keiner Tour kam - auch wenn prinzipiell viele Leute fahren wollten. Im Sommer 2003 hat sich dann endlich wieder ein Zeitraum finden lassen, der allen gepaßt hat. Der Start am 09.09.2003 war im Jahreszeitenzyklus dann leider schon recht weit fortgeschritten und das Wetter spielte nicht ganz so mit, wie wir es gern gehabt hätten. Auf dem Foto mit der Startaufstellung links kriegt man denke ich einen Eindruck. Am ersten Tag besserte sich das Wetter glücklicherweise schnell, sodaß wir bis nach Eschwege eine angenehme Fart hatten.
1. Tag: Rosdorf - Friedland - Witzenhausen - Bad Sooden-Allendorf - Eschwege (80,7 km, Durchschnitt 16,3 km/h)
In der Unterkunft in Eschwege - nach bewährter Taktik wieder in einem Gemeindehaus - hatten wir viel Spaß. Der nächste Tag war dann nicht ganz so angenehm. Irgendwann begann es zu regnen und hörte auch nicht wirklich wieder auf. Darüberhinaus hatten wir für die Strecke länger gebraucht als veranschlagt, sodaß wir erst ziemlich spät in Eisenach eingetroffen sind. Die Unterkunftssuche gestaltete sich dann sehr schwierig und brachte auch nach langem Suchen kein Ergebnis.
2. Tag: Eschwege - Wanfried - Treffurt - Scherbla - Creuzburg - Eisenach (76,6 km, Durchschnitt 16,0 km/h)
Während Marc und Guido sich noch auf die Suche nach einem behelfsmäßigen Nachtlager machten, einer Grillhütte oder dergleichen, schützte sich der Rest im Eisenacher Industriegebiet unter einem winzigen Vordach vor Kälte und Regen. Als die beiden dann nach langer Suche erfolglos zurückkehrten, beschlossen wir, die Nacht im Bahnhof zu verbringen. Die Stimmung war ziemlich gedrückt und schlug dann leider in die Richtung um, mit dem nächsten Zug nach Hause zu fahren. Somit war die Tour dann nach nur 2 Tagen auch schon wieder zu Ende.
Download des Fahrtenbuches von Alexander
In Göttingen aufgewachsen, bin ich im Oktober 2001 zwecks Studium nach Magdeburg umgezogen. Magdeburg liegt - wenn man nicht die kürzere Strecke quer über den Harz nimmt - etwa 200 km von Göttingen entfernt. Hobbymäßiger Radfahrer, der ich war, stellte sich mir ziemlich schnell die Frage, ob diese Strecke nicht auch mit dem Rad zu bewältigen sei. Und zwar an einem Tag. Als Termin bot sich das verlängerte Osterwochenende an: Endlich vernünftiges Wetter und genug Zeit. Als ich meine Pläne dann erstmals Freunden und Familie mitteilte, hat es niemand für möglich gehalten und insbesondere meine Eltern versucht, mich davon abzubringen. Doch mein Kopf war dicker *g*. Also hieß es dann Vorbereitungen treffen: Kartenmaterial besorgen, Fahrrad checken, Proviant einkaufen und dergleichen. Die Strecke hatte ich im vornherein minutiös geplant. Es handelt sich ganz grob um folgende Route:
Magdeburg - Halberstadt - Vienenburg - Langelsheim - Seesen - Echte - Northeim - Göttingen
Am 29.03.2002 (Karfreitag) gegen 10 Uhr ging es dann los. Die Straßen waren erfreulicherweise beinahe unbefahren. Was das Wetter anging, gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute: Supersonnenschein. Die schlechte: Keine Sonnencrème dabei. Auf dem Bild rechts sieht man den resultierenden Sonnenbrand überall dort, wo der Helm und dessen Verschluß die Haut nicht verdeckt hat. Da ich ungefähr zwei Drittel der Strecke mehr oder weniger gerade nach Westen gefahren bin und es beim Abbiegen Richtung Süden schon dunkel war, hatte ich den Sonnenbrand lustigerweise nur auf der linken Gesichtshälfte. Irgendwelche Erinnerungen an Ungeheure Begegnung der dritten Art *g*? Das Foto wurde übrigens gegen 23:00 Uhr in Northeim bei meiner Patentante aufgenommen. Meine Eltern waren dort zu Besuch und ich hatte angekündigt, dort kurz vorbeizuschauen, weil es eh auf dem Weg liegt. Um die Uhrzeit und überhaupt hatte eigentlich niemand mehr damit gerechnet, daß ich noch kommen würde. Blöderweise habe ich mich dann bequatschen lassen, mit meinem Eltern nach Hause zu fahren. Das Fahrrad habe ich dann am nächsten Tag abgeholt und bin dann die letzten ca. 20 Kilometer nach Göttingen gefahren. Insofern war die erste R4 etwas geschummelt, ich hatte jedoch klargestellt, daß die Strecke durchaus an einem Tag zu schaffen ist.
Die Tour war natürlich ziemlich hart, immerhin hatte ich ja nicht im Geringsten trainiert. Problematisch war das Stück bei Seesen. Dort bin ich irgendwann übergangslos auf einer Straße gelandet, die mir für ein Fahrrad ne Nummer zu groß schien. Es war jedoch weder auf der Karte noch am Straßenrand irgendein Hinweis auf eine Autostraße o.ä. erkennbar. Na, jedenfalls bin ich dann bei nächster Gelegenheit von der Straße runter auf den nächsten Acker. Von da habe ich mir dann den Weg irgendwo Richtung nächster Ortschaft gebahnt. Ansonsten war die komplette Tour spätestens ab der Halbzeit bei ca. 100 km eine Willensprobe. Die ersten 50 km fährt man noch gutgelaunt, die nächsten 50 km leicht erschöpft, ab da benutzt man dann weniger die Beine als den Willen: Links, recht, links, rechts. Bis zu dem Baum da vorne. Bis zum nächsten. Irgendwann muß es auch wieder runtergehen. Na gut, dann aber gleich.
Den Heimweg nach Magdeburg habe ich dann übrigens nicht mit dem Rad angetreten sondern habe mich von meinem Vater chauffieren lassen.
Davon angestachelt, es beim ersten Versuch geschafft zu haben, ist die R4 inzwischen zur Tradition geworden. Ostern 2003 konnte ich Marc als Mitstreiter gewinnen, der extra für die Tour sein Fahrrad von Göttingen nach Magdeburg gebracht hat. Im Zuge dieser Tour entstand überhaupt erst der Begriff R4. Wie man dem Logo entnehmen kann, stecken dahinter die Worte osteR-Respekt-touR-Retour. Moment, Retour? Jaja, nach der gelungenen Fahrt 2002 hatte ich mir für 2003 vorgenommen, neben der Hin- auch die Rückfahrt aus eigener Kraft zu bestreiten. Nun muß ich der Ehrlichkeit halber aber auch zugeben, daß 2003 das einzige Jahr war, in dem ich tatsächlich auch die Retour angetreten habe. Die doppelte Anstrengung war mir damals einfach zuviel um es nochmal zu probieren. R4 heißt es trotzdem und auch in Zukunft.
Nun noch ein paar Sätze zu den späteren Touren: Die Hin-Tour 2003 war wie gesagt zusammen mit Marc. Das hat mehr Spaß gemacht, aber auch deutlich länger gedauert. Wir haben einfach viel zu oft Rast gemacht und rumgealbert. Außerdem hatten wir noch das Problem, daß Marcs Fahrrad nahe Seesen kaputtging und sich erst relativ mühsam wieder einrenken ließ. A propos Seesen: Um diesmal nicht wieder auf der breiten Straße mit ungutem Gefühl fahren zu müssen, haben wir eine Alternativ-Route gesucht und gefunden. Durch den Wald, vorbei an einem mehr oder weniger verlassenen Hexenhäuschen und mehreren Hochständen. Abgesehen vom Problem mit Marcs Rad lief alles ganz gut. Wir hatten Rückenwind und ich konnte gleich mein neues Rad testen, das ich mir kurz vor der R4 zugelegt hatte. Mein altes hatte nämlich irgendjemand gestohlen. Bemerkenswert war übrigens noch, daß ich die Strecke größtenteils auch nach Gefühl fahren konnte - die Strecke war mir von letztem Jahr noch so gut in Erinnerung.
Hatten wir bei der Hinfahrt noch schön Rückenwind, war es bei der Retour (diesmal ohne Marc) natürlich genau andersherum. Ätzend. Damals war diese Retour die anstrengendste Tour. Ansonsten hat es erst ziemlich gut geklappt, auch wenn die Fahrt diesmal in die andere Richtung ging. Nur aufgrund des Gegenwindes und der damit verbundenen Anstrengung bin ich irgendwann auf die direkte Verbindung, eine sehr stark befahrene Straße, ausgewichen. Von Flair konnte da natürlich keine Rede sein, dafür hat es ein paar anstrengende Kilometer gespart. Lustig war dann noch, wie ich in Magdeburg einige Kilometer auf der Stadtautobahn gefahren bin *g*. Ich habe echt keine derartige Beschilderung gesehen und mich nur über den Standstreifen gewundert. Irgendwann kam dann allerdings ein blaues Schild mit den nächsten Abzweigungen, und da habe ich dann schnellstmöglich die Autobahn verlassen und bin mal wieder auf irgendeinem Acker, diesmal mit stacheligen Pflanzen gelandet. Toll. Nach einer langen Zeit des Schiebens bin ich dann irgendwann wieder auf eine Straße gestoßen und konnte das letzte Stück wieder auf normalen Straßen fahren.
Ostern 2004 bin ich wieder allein nach Göttingen gefahren. Blöderweise hat es vom Start weg geregnet. Nun, dagegen hilft gutes Regenzeugs, das ich natürlich dabeihatte. Störender war da der Gegenwind. Der war teilweise so stark, daß ich bei deutlichen Gefällestrecken nur unter größter Anstrengung schneller als 20 km/h gefahren bin. Entsprechend der Taktik, meinen Willen auch gegen die Naturgewalten durchzusetzen und mich selbst vom Gegenwind nicht allzusehr abbremsen zu lassen, war das natürlich enorm anstrengend. Die Erschöpfung war dann auch so stark, daß ich mich zwischendrin (ich glaube es war bei Echte) auf eine Bank gesetzt und ein wenig genickert habe. Von da waren's dann immernoch ca. 50 km... So kam ich also irgendwann sehr spät und sehr geschafft in Göttingen an. Immerhin: Auch unter schwersten Bedingungen hatte ich's geschafft! Übrigens hatte ich 2004 meinen insbesondere für die R4 gebauten Fahrradcomputer dabei. Leider stellten sich in diesem ersten großen Praxistest einige Probleme heraus, die ich auch bei vorhergehenden kleineren Tests nicht bemerkt hatte. Das wesentliche Problem war, daß der wacklige Laboraufbau für die Strecke mit Schlaglöchern und Kopfsteinpflaster nicht geeignet war. Unsinnige Zeichen auf dem Display und somit keine vernünftige Nutzbarkeit war die Folge. Dabei hatte ich bis zum Abfahrtstag viel Energie in den Aufbau und die Software gesteckt. Schade.
Jetzt, da ich diesen Text schreibe, liegt die Ostertour 2005 noch gar nicht weit zurück. Den Fahrradcomputer hatte ich diesmal nicht dabei, denn obwohl ich die Software noch erweitern konnte, ist der Aufbau immernoch genauso labor-mäßig und damit Tour-untauglich. Dafür war Marc wieder mit am Start. Doch vorher noch eine Besonderheit: Da ich inzwischen in Süddeutschland wohne, hatte ich erst befürchtet, dieses Jahr die R4 nicht fahren zu können. Das Fahrrad per Regionalbahn von Aalen ins 600 km entfernte Magdeburg zu transportieren wäre einfach zu zeitaufwändig gewesen. Die rettende Idee war dann, ohne Rad nach Göttingen zu fahren, um von dort das alte Rad meines Vaters nach Magdeburg zu bringen, mit dem ich dann am nächsten Tag wieder zurückradeln würde. Gesagt, getan. Es war sicher etwas umständlich, dafür konnte ich die Tradition aufrechterhalten. Es ging dann wie gesagt zusammen mit Marc los, der mich bis Halberstadt (1/3 der Strecke) begleitet hat. Den Rest bin ich dann allein gefahren, was angesichts des erneuten Gegenwindes kein großes Vergnügen war. Aber auch diesmal habe ich's geschafft und bin dann zwar fix-fertig aber dennoch zufrieden ins Bett gefallen.
Wenn alles klappt, bin ich natürlich auch 2006 zur 5. Inkarnation wieder mit von der Partie.